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4. TAG – Ziegenliebe und Spiegeltricks

Diesmal frühstücken wir nicht auf der Terrasse, es regnet. Doch es gibt kein schlechtes Wetter und eigentlich riecht es so wunderbar im Weingarten neben unserem Zimmer, dass wir spontan mit dem Regenschirm zu einer kleinen Wanderung aufbrechen. Das Auto können wir schließlich noch später holen. Und während uns der Taxifahrer schon wie alte Bekannte begrüßt („Heute wieder munterer?“), fällt uns ein Schild auf. „Milchmädchen“ erinnert uns an den herrlichen Frühstückskäse und schon wenige Autominuten später stehen wir bei Sonja Trummer am Hof. Ein bisschen Platz für ihren Ziegenkäse ist noch im Kofferraum. Und während wir uns verabschieden, kommt eine mit Schirm durch die Weingärten stapfende Frau auf uns zu: „Ich bin die Grießbacher Anne“, grüßt die Winzerin, deren Weingut ein Stück höher liegt. Einen Teil ihrer Rieden hat sie neben dem Ziegenhof. Schnell sind wir handelseins, offenbar verbindet Wetterfestigkeit. Aber sie ist auch ein echter Wirbelwind und wir gehen kurz mit, nachdem sie versichert hat, dass es längst nicht nur Wein zu verkosten gibt. Rosigelee, Minzsirup, irgendwie verlängern wir gerade unser Frühstück mit den Köstlichkeiten. Nebenbei erfahren wir, dass Anne eine von sechs „Weinblüten“ ist. So nennt sich die Vereinigung der Winzerinnen, die mit Weinen und den Events dazu für Aufsehen sorgen. Momentan feiern sie gerade kein Fest, aber einen Tipp hat die Winzerin dennoch: Gar nicht weit weg sei eine Schwefelquelle, die Brodlsulz, eine letzte Erinnerung an die Vulkane, die das Land einst geprägt haben.

Einen Abstecher planen wir am Weg Richtung Kapfenstein ein, Claudia will das unbedingt sehen bzw. riechen. Ich freue mich derweil schon auf den nächsten Halt in Jamm. Denn den Motorrädern, die dort an meine Jugend erinnern, macht der Regen nichts aus – sie stehen im Museum. Uns jedenfalls hat es doch ein wenig durchnässt und wir fahren zum Umziehen gleich in unser Quartier am Lampel-Berg. Der Name ist gut gewählt, tatsächlich führt der Weg durch Schafherden zu dem ruhigen, alten Bauernhaus. Im Pullover eingemummt stehen wir länger am Fenster als geplant und schauen dem Regen zu. 

Als er aufhört, machen wir uns auf zum mächtigen Schloß Kapfenstein, das ein Bio-Weingut beherbergt und dessen „Olivin“ einen der bekanntesten Rotweine der Steiermark darstellt. Die Familie Winkler-Hermaden hat in ihrer Vinothek auch noch manche Rarität, ich bleibe im Raum davor an einem außergewöhnlich schönen Messer „hängen“. Der Sohn der kreativen Familie hat es selbst gestaltet. Claudia hat hingegen beim Rauffahren ein Schild entdeckt, das ein Keramik-Atelier ankündigte. Also schauen wir in dem ausgebauten alten Schuppen vorbei, den Frau Pranger als Ausstellungsraum nützt. Ein süßer Hahn ist mein Geschenk an Claudia – dafür verspricht sie mir, heute nicht mehr wandern zu müssen. 

Erneut lassen wir uns ein wenig über Nebenstraßen dahintreiben, plötzlich sind wir wieder in Jamm, dann in Waltra, das wir auch schon kennen. Aber die Weine vom Weingut Pfeifer wollen wir nicht auslassen. „Erinnert an den Süden“, meint Claudia mit Kennerblick, als sie den Weinkeller aus Sandstein sieht. Die Kapelle namens Schemming bleibt getreu dem Anti-Wander-Pakt links liegen, dafür gibt es eine Jause, diesmal in der Buschenschank Hütter. Gabriele Hütter serviert das Beste aus ihrer Küche, den Wein stellt Junior Stefan auf den Tisch – mit seinem Karo-Etikett passt er ideal dazu und schmeckt nach den heutigen Ausflügen so richtig gut.

Ein Ort fehlt uns noch, stellen wir beim Nachfahren der Route am I-Pad fest, Frutten-Gießelsdorf mit seiner Kellergasse. Mittendrin stoßen wir auf einen Korbflechter, der aber keineswegs der letzte seiner Art ist. Das Handwerk werde gerade mit Kursen wiederbelebt, schildert Herr Schuster, während er einen großen Holzkorb fertigstellt. Schön zu wissen, dass Tradition hier noch so hochgehalten wird. Seine Empfehlung allerdings kann moderner nicht sein. Wir folgen der Beschreibung bergauf und kommen zum achteckigen Holzhaus neben dem

Weingut Triebl. Eine Spiegelwand mitten in der Landschaft sorgt für witzige Fotos, doch Franz Triebl zeigt uns auch, wie ein ganzes Haus verschwinden kann. Das „Spiegelhaus“ scheint gar nicht da zu sein, weil es auf jeder Seite seine Umgebung spiegelt. Ein ungewöhnliches Projekt neben der Aussichtswarte, das noch dazu als Ferienhaus in dem Weingarten dient. Der ist zum Glück keine optische Täuschung und einen Schluck trinken wir mit dem innovativen Winzer gerne auf der T-förmigen Terrasse („T für Triebl“, lacht Franz). Die Sonne geht allmählich unter und erinnert uns daran, dass wir heute früh schlafen gehen wollten. Denn trotz Urlaub stellen wir den Wecker in Kapfenstein auf 5 Uhr 30 – der soll es wert sein …