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2. TAG – Zwischen Wudhupfen und Ingerl

„Magst Du ein Schokofondue?“, reißt mich Marc aus den Träumen. Er ist schon auf und hat gleich einmal die Hotelinfo durchforstet. Klar, dass mein Schleckermaul gleich auf das Angebot mit der Zotter-Schoko stößt. Während ich im Hintergrund etwas von „Outdoor-Pool“, „43 Zimmer“, „Sauna-Kabinen“ höre, mache ich mich startklar. Denn auf das Frühstück im „Vulcanus“, dem Restaurant mit dem feurigen Namen, freu’ ich mich schon. Es gibt hausgemachte Marmeladen, Heiden- sterz, Polenta und Kaiserschmarrn (da weiß ich schon, wer den essen wird!). Selbst das Brot ist bei Andrea und Ernst Legenstein selbst gemacht; ich muss unbedingt noch eine Scheibe vom Nussbrot naschen – das ist köstlich!

Auf dem Weg zu unserem heutigen Tagesziel, der Ortschaft Gnas, bremse ich Marc einmal ein. „Schau wie lieb!“, werde ich plötzlich zum Teenager, dabei ist das kein Pony, sondern ein herziges Alpaka, das ich gerade erblickt habe. „Thermenland-Alpaka“, präzisiert die gerade ums Eck kommende Manuela Roll. Sie hat mit ihrem Mann 2009 die Ersten der Andenbewohner nach Gnas geholt. Die Wolle verarbeiten sie auch, „beim Trocknen der Fasern ist die Oma der Chef“, stellt sie uns kurz das kuschelige Familienbusiness vor. Wir versprechen wiederzukommen, wenn mal eine Alpaka-Wanderung ansteht, denn jetzt müssen wir selbst wandern – der Kaskögerlweg wartet. Und wie sich herausstellt, ist der gar nicht weit entfernt. Den Bio-Obstbau Haas haben wir bald erreicht, selbst Gehmuffel Marc beschleunigt die Schritte, als ich ihm was vom Caldera-Obstwein erzähle. „Caldera? Wie in Santorin?“ Genau, das Einsturzbecken eines Vulkans gab der Vereinigung von Qualitätsmost-Erzeugern ihren Namen. Marc, der alte Kenner, lässt sich hingegen den Unterschied zwischen dem „Wudhupf-Weibl“ und „Wudhupf-Mandl“ Apfelfrizzante erklären – benannt nach dem Wiedehopf, dem Wappentier der Gemeinde Poppendorf.

Der Wiedehopf machte sich heute zwar rar, aber ich bin trotzdem glücklich. Endlich habe ich eine kleine Mühle gefunden, mit der ich unseren geliebten Frühstücksespresso selbst mahlen kann. In einem Wunderreich namens Kaufhaus August Werschitz hätte ich auch noch länger bleiben können. Was es in diesem 1927 gegründeten Laden alles gibt – genial! „Bitte, komm, wir sind spät dran“, reißt mich Marc aus meinen Kaufträumen. Denn er hat einen Termin vereinbart, schließlich will er mehr über die Weine wissen, die ihm so schmecken. Und in 

Gnas macht Anton Neuhold jun. mittlerweile in vierter Generation Fässer. „20 Stunden reine Handarbeit, dann wird auch das ein Fassl“, klopft Neuhold auf einen Stapel Holz, der schon zwei Jahre hier lagert. Ein weiteres Jahr dauert es, ehe er aus dem Holz ein Barriquefass machen wird. „Das Holz reift also, bevor der Wein drin reift“, wird mein Schatz auf einmal ganz poetisch. Schließlich ist er dem Geheimnis des Vulkanland-Weins wieder ein bisschen nähergekommen. 

„Für jeden Moment gibt es den passenden Wein“, meint Walter Frauwallner gleich zur Begrüßung. Ich kann ihm nur recht geben, denn nach dem Trockentraining beim Fassbinder schmeckt das erste Glas in Straden. Während Marc die gekauften Flaschen verstaut, schaue ich mal, wo wir eine Kleinigkeit essen können. Greißlerei DE MERIN hört sich gut an – und schon kurz darauf naschen wir, in einer alten Schulbank sitzend, das Beste aus der Region. Ich schaue noch schnell in die Kirche, denn der Reiseleiter hat es heute ein wenig eilig. „Die Pocks“, deutet Marc nur an, während er dann im Auto erklärt, dass er noch einen Rotwein kosten möchte. Der heißt „Granat“ und schmeckt auch mir. Franz und Michaela Pock haben die Cuvée von der Ried Karlaberg kreiert. 

Bevor er den nächsten Winzer besucht, wechseln wir uns am Steuer lieber ab und ich stoppe bei Christa Wonisch. Ihre Gemüsehaltestelle fasziniert mich: Frisches Gemüse in Selbstbedienung und vor allem der Berg Wassermelonen locken zum Einkauf. Selbst Physalis – die liebe ich! – hat sie hier in Straden. „Der Wein wartet“, winkt mir Marc mit dem Autoschlüssel. Denn präzise wie ein Feldwebel hat er ausgeforscht, dass der Weinhof Dunkl am Donnerstag zwar geschlossen hat, verkosten kann man aber trotzdem. Nicole und Michael Dunkl sind uns auf Anhieb sympathisch, wir bleiben gleich im Freien und das mitten im Weingarten. Der heißt übrigens „Ingerl“, auch lustig, aber noch besser ist, dass es hier viel Weißburgunder gibt. Meinen Weinkenner hält jetzt auch keiner auf, er redet über den Schwarzriesling, Rosé und Grünen Silvaner („der ist sehr selten“, erklärt er). Ich döse ein bisserl in der Nachmittagssonne, während Marc schon wieder im Wein-Einkauf engagiert ist. Hier finden wir eben beide etwas. 

Ein bisserl bin ich immer noch schläfrig, während mich mein Schatz an der Hand nimmt und den Sazianiberg hinaufführt. Der Weg zahlte sich doppelt aus, denn der Blick auf den Ort von der Aussichtsplattform erinnert mich gleich wieder an ein paar Stationen. Aber auch das Abendessen verzaubert mich; in der Saziani-Stub’n warten ungewöhnliche Genüsse – und dazu ein Flascherl Moarfeitl vom Weingut Neumeister, herrlich. Zum Glück blieb es bei dem einen Wein, denn als wir aus dem Taxi steigen, wartet in unserem Quartier eine Überraschung auf uns.  Brigitte Binder empfängt uns im Kellerstöckel am Rosenberg mit einem Gugelhupf und einer Flasche Weißwein. „Vielleicht wollt’s ja eine B’soffene Liesl als Betthupferl?“, fragt die Winzerstochter. „Nimm mir auch einen Guglhupf mit“, bitte ich Marc, der wieder nicht warten konnte. Ich kuschle mich in der Weinlaube an ihn. Still schauen wir gemeinsam über den Rosenberg.